Kirchenrechtler kritisiert Gesetz über Bekenntnisgemeinschaften

ORF News 18. 10. 2001

Scharfe Kritik am Gesetz über Bekenntnisgemeinschaften in Österreich hat der Linzer Kirchenrechtler Herbert Kalb geübt. Das Gesetz stelle eine Bevorzugung der bereits anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften dar. Zudem erlege es "Neubewerbern" unzumutbare Bedingungen auf.


Das Anfang 1998 in Kraft getretene Gesetz sieht vor, dass sich Gemeinschaften ab einer Mitgliederzahl von 300 Personen registrieren lassen und nach einem "Beobachtungszeitraum" von zehn Jahren um volle Anerkennung bewerben können.

Mehrere Gruppen im "Wartestatus"

Gruppen wie die Kopten, Baptisten, Pfingstler, Adventisten, Bahais, Hindus und die Zeugen Jehovas befinden sich derzeit in diesem "Wartestatus" und können frühestens 2008 Religionsgemeinschaften werden. Wichtigste Voraussetzung ist eine Mitgliederzahl in der Höhe von zwei Promille der Einwohner Österreichs - derzeit 16.000 Personen.

Kalb: Hürden für Anerkennung zu hoch

Diese quantitative Hürde sei viel zu hoch, kritisierte der Linzer Kirchenrechtler Herbert Kalb am Mittwochabend bei einer Veranstaltung von "Colloquium", der "Gesellschaft zur Förderung zukunftsorientierter Wissenschaften", im Juridicum Wien. Nur fünf der jetzt zwölf voll anerkannten Gemeinschaften hätten mehr als 16.000 Mitglieder.

Bewährungsprobe "abstrus"

Da derzeit nur die Zeugen Jehovas mehr Anhänger aufweisen würden, sei die "positive Erledigung aller übrigen Anträge von vornherein ausgeschlossen". Kalb nannte es auch "abstrus", dass von teilweise Jahrhunderte alten Religionen eine zehnjährige "Bewährungsprobe" gefordert werde, und kritisierte "Züge einer 'Anlassgesetzgebung'", die sich gegen "Sekten" richte.


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